WICHTIG! Neuer Ort: KWEER
Liebe Mitmonster,
seit Donnerstag verbreiten sich Sorge und Verunsicherung, nachdem das Bundessozialgericht (BSG) ein unerwartetes Urteil gefällt hat.
Wir wollen Euch mit euch über den Stand der Dinge und die Aussichten reden:
Wann: Sonntag 29.10.2023, 11:00 Uhr
Wo: KWEER, Theodor-Körner-Str. 1, 28203 Bremen
Wir hoffen am Sonntag eine bessere Einordnung zu dem Fall geben zu können und sind mit unserem Beratungsteam im intensiven Austausch mit verschiedenen Jurist*innen, anderen Beratungsstellen sowie weiteren Akteuer*innen
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Für alle, die keine Zeit haben und/oder nicht in Bremen sind wollen wir euch hiermit einen Stand der Dinge und Aussicht auf die nächste Zeit geben, bitte beachtet dabei, dass die Begründung des Urteils noch nicht veröffentlicht ist und sich viele Fragen leider erst mit der Veröffentlichung des Urteils und dem dann folgende Verhalten der Krankenkassen klären werden.
Der Fall: Eigentlich ging es um die Kostenerstattung für die Mastektomie einer nicht-binären Person. Die erste Instanz in Mannheim hatte Robin Nobicht Recht gegeben, das Landessozialgericht in Stuttgart ein ziemlich fürchterliches Urteil zugunsten der Krankenkasse gefällt. So ging es also nach Kassel zum BSG und eigentlich lief alles ziemlich gut, dank der guten Vorbereitung der Anwält*innen Katrhin Niedenthal und Friederike Boll.
Im Lauf der Verhandlung wurde der der aktuelle Stand des Wissens und der Behandlungsleitlinien dargelegt und juristisch immer wieder kompetent verknüpft mit der bisherigen Rechtsprechung der Gerichte.
Am Ende entschied das Gericht, dass in Zukunft keine Unterscheidung zwischen dem Behandlungswunsch von binären und nicht-binären trans* Personen gemacht werden soll. Jedoch fehlte dem BSG die Grundlage, die Wirksamkeit und den Nutzen der medizinischen Behandlung, einzuschätzen. Diese umfangreichen, evidenzbasierte Leitlinie müsse nun vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), wie jede „neue Behandlungsmethode“ bewertet und ins Gesundheitssystem inklusive Abrechnungsmodalitäten eingespeist werden.
So fällte das Bundessozialgericht eine weitreichende Entscheidung:
Alle medizinischen Behandlungen von trans* Personen, die auf der S3-Leitlinie beruhen, müssen von den Krankenkassen nicht bezahlt werden, bis der G-BA seine Arbeit erledigt hat. Aber,so die Richter, natürlich müsse es einen Vertrauensschutz für bereits begonnene Behandlungen geben.
Die bisher Veröffentlichten Äußerungen zum Urteil werfen dabei Fragen auf:
- Wie sehen die konkreten Definitionen einer „begonnenen Behandlung“ aus?
- Welche Rolle spielt die Form der Indikationsstellung?
- Wie verbindlich die Kostenübernahme der Kassen geregelt?
- Betrifft das alles auch Hormonbehandlungen, die unter die Heilmittelfreiheit und damit fachliche Entscheidung der Mediziner*innen fallen?
All das kann derzeit nicht beantwortet werden, denn derartige Details standen beim mündlichen Urteil noch überhaupt nicht fest. Hierfür wird erst das schriftliche Urteil, das einige Monate dauern wird, Klarheit bringen.
Es kann sein, dass sich nach dem Urteil weniger verändert, als derzeit von vielen befürchtet. Es kann aber auch sein, dass auch ohne das rechtskräftige, schriftliche Urteil Krankenkassen oder Behandler*innen schon demnächst anfangen, Anträge abzulehnen oder sich zu bereits laufenden Behandlungen melden. Wenn dem bei Dir so ist, melde Dich bei unserem Beratungsteam unter beratung@trans-recht.de
Die beste Einordnung bekommen wir erst mit dem ausführlichen, rechtskräftigen Urteil und auch erst zu diesem Zeitpunkt können die am Prozess Beteiligten einschätzen, ob es sie den nächsten Schritt gehen und Verfassungsbeschwerde einlegen werden.
Weiterführende Links:
BSG-Pressemitteilung: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/2023_34.html
BSG-Verfahrensbericht (Punkt 5): https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Terminberichte/2023/2023_41_Terminbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=2
Pressemitteilung der TIN-Rechtshilfe mit der klagenden Person und einer der Anwält*innen:https://tinrechtshilfe.de/2023/10/20/urteil-des-bundessozialgerichts-zu-mastektomien/
Text von Freddy Mo Wenner: Eine ausführlichere Einordnung von Freddy findet ihr hier